1905-1975
Das Gassyndikat Bettemburg-Kayl-Rümelingen
Vorgeschichte

Bereits im 19. Jahrhundert entstanden die ersten Gaswerke in Luxemburg. Auch die Gemeinden Kayl-Tetingen, Rümelingen und Bettemburg begannen, sich für eine eigene Gasversorgung zu interessieren. Die Diskussionen verliefen teils parallel und führten dazu, dass die Gemeinden gemeinsam nach Lösungen suchten. Rümelingen war dabei besonders früh dran und schloss schon 1903 einen Vertrag mit der Berlin-Anhaltischen Maschinenbau-Actien-Gesellschaft, um ein Gaswerk gemeinsam mit Kayl zu errichten.
Die Gemeinde Bettemburg wollte zunächst eine eigene Energieanlage errichten lassen, entschied sich nach Rückschlägen jedoch 1906 ebenfalls für den Anschluss an das Kayler Projekt. Auch die Gemeinde Öttingen im benachbarten Elsass-Lothringen bekundete ihr Interesse. Die Gemeinden der Gegend schlossen sich schließlich zusammen, um die Gasversorgung gemeinsam zu erhalten.
1903 - 1918

Nach dem Vertragsabschluss und dem Erhalt der Baugenehmigung ging es 1905 zügig voran. Das Gaswerk wurde in Kayl am Ort genannt „Giinzebechel“ errichtet. Im Dezember 1906 wurde die öffentliche Straßenbeleuchtung in Betrieb genommen.

Allerdings verlief nicht alles reibungslos. Es kam immer wieder zu Diskussionen mit der Betreibergesellschaft, insbesondere was die Preise und die Rechte der Gemeinden betraf, da die Verträge das Unternehmen bevorteilten. Während des Ersten Weltkriegs blieb das Werk in Betrieb und die Versorgung konnte aufrechterhalten werden, obwohl es an Kohle mangelte.
1919 - 1940
Nach dem Ersten Weltkrieg wechselte die Eigentümerin. Das Werk kam unter Sequester und ging an die französische Union Gazière & Électrique über, was zu neuen Spannungen mit den Gemeinden führte. Die wirtschaftliche Lage war allgemein schwierig und die Gemeinden verlangten mehr Kontrolle. Trotzdem funktionierte die Gasversorgung weiter, auch wenn sie allmählich der Konkurrenz des Stroms ausgesetzt war.
1940 - 1944
1940 wurde der Gaswerksleiter, Victor Jacques, evakuiert, was als Anlass genommen wurde, den Direktor der Compagnie Générale, Henri Kayser, als Kommissar des Werks zu ernennen. Nach der Übernahme durch die Rhenag 1941 setzte die deutsche Eigentümerin ihre eigenen Leute ein und die Gemeinden besaßen kein Mitbestimmungsrecht mehr. Im Rahmen ihres Kartellplans wollte die Rhenag das Werk stilllegen lassen und die Gemeinden vom Escher Gaswerk her versorgen. Während des Kriegs war die Materialbeschaffung eingeschränkt, Arbeitskräfte waren knapp und es herrschte allgemeines Misstrauen.
1945 - 1975
Nach Kriegsende stellte der Luxemburger Staat das Werk erneut unter Sequester. Ziel war es, Ordnung in den Eigentumsverhältnissen zu schaffen. Nachdem das Werk jahrelang ausländischen Unternehmen gehört hatte, wuchs der Wunsch der Gemeinden, es selbst zu übernehmen, wozu die Sequestration die Möglichkeit gab. 1956 wurde das Werk von einem interkommunalen Syndikat übernommen. Die Zusammenarbeit der beteiligten Gemeinden verlief gut. Es wurde ins Werk investiert, die Anlagen wurden verbessert und ein effizienterer Betrieb aufgebaut.
Mit den Jahren wuchs jedoch der technische Anspruch an das Versorgungsnetz. Das Syndikat modernisierte schrittweise die Infrastruktur, führte neue Messgeräte ein und verbesserte die Verwaltung. Man wollte mit der Zeit gehen, was jedoch nicht einfach war.

Die kommunale Eigenversorgung hatte ihre Grenzen. Die Kosten stiegen und gleichzeitig wurde es schwieriger, mit den großen Energiekonzernen mitzuhalten. Es war absehbar, dass das Betriebsmodell langfristig nicht tragfähig sein würde. Trotzdem versuchte man, so lange wie möglich unabhängig zu bleiben.
Im Jahr 1972 fiel schließlich die Entscheidung, das interkommunale Gassyndikat aufzulösen. In der Folge traten die Gemeinden des Gassyndikats 1975 der Compagnie Générale bei. Die noch vorhandene Belegschaft wurde größtenteils von der Compagnie Générale übernommen.
Ab Anfang 1972 wurde das Gasnetz des Kayler Gaswerks auf Erdgas umgestellt.
(Nach Jules Kauffmann, Kayl um Giinzebechel (Kayl-Tetingen: Eigenverlag, [1995]), Zusammenfassung von Lejla Osmanović)


